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Bonner Bogen und Portland-Zementwerk

Die Geschichte der ehemaligen Zementfabrik

und des heutigen Bonner Bogens

Das heute als „Bonner Bogen“ bekannte Areal am Rhein hat eine interessante Entwicklung hinter sich. Hier befand sich das „Bonner Portland Zementwerk“. Nach der Einstellung der Produktion 1987 lag das Gelände jahrelang brach. Einige der alten Gebäude wurden 1989 unter Denkmalschutz gestellt und in den städtebaulichen Plan einer Entwicklungsmaßnahme integriert. Um das historische Gebäudeensemble mit Wasserturm, ehemaliger Direktorenvilla und Rohmühle wurden zahlreiche moderne Bauten mit Büroflächen, Restaurants und ein Grandhotel errichtet.  

 

 

Die Anfänge

 

Im Jahr 1853 wurde unter Führung von Hermann Bleibtreu, der den Portland-zement in Deutschland einführte, der Bonner Bergwerks- und Hütten-Verein gegründet. Die Bleibtreus hielten einen Anteil von 25% an dieser Aktien-gesellschaft. Am 12. Juni 1856 erhielt Bleibtreu die Genehmigung zur Zementherstellung. Aufgrund der für den Transport günstigen Lage am Rhein und der Nähe zur Braunkohle- und Alaungewinnung auf der Ennert-Hardt wurde das Gelände zwischen Ramersdorf und Oberkassel ausgewählt. 1858 begann dann – vorerst nur am südlichen Ende des heutigen Geländes – die Herstellung im „Bonner Portland-Zementwerk“.

Verarbeitet wurde Kalkstein aus Budenheim bei Mainz und zunächst Ton aus der engeren Umgebung. Die viereinhalb geschossige Mühle zum Zerkleinern und Mahlen der Kalksteine war in dieser Zeit das dominante Gebäude der Gesamtanlage.

 

Nach Eröffnung der rechtsrheinischen Eisenbahnstrecke (1870) erhielt das Werk Anschluss an den Bahnhof Oberkassel. Im Laufe der Zeit wurde das Areal um das ehemalige Zementwerk um weitere Fertigungs- und Verwaltungs-gebäude nach Norden hin erweitert. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts entstand eine große Werft- und Verladeanlage. 1897/98 folgte der Bau des Wasserturms zur Sicherung des Werkes gegen Brand.

 

Nachdem der Wicking-Konzern eine Übernahme des Werkes versucht hatte, wurde ein Freundschaftsvertrag mit der Firma Dyckerhoff geschlossen, später kam es zur Fusion. Während der Weltwirtschaftskrise ab 1929 schränkte die Zementfabrik ihre Produktion erheblich ein, die Mitarbeiterzahl ging von vormals bis zu 450 auf nur noch 40 am Jahresende 1932 zurück.

Während des Nationalsozialismus hieß das Werk „Bonner Portland-Zementwerk Aktien-Gesellschaft“. Im Zweiten Weltkrieg gab es keine schweren Schäden.

 

 

Nachkriegszeit

 

Im Jahr 1946 erhielt das Zementwerk von der alliierten Militärregierung wieder die Genehmigung zur Zementherstellung, jedoch erst nach der Währungsreform 1948 konnte der Betrieb wieder voll aufgenommen werden.

 

1964 hatte das Werk 430 Beschäftigte. Nachdem Dyckerhoff bereits 1927/28 Aktien der Bonner Zementfabrik erworben hatte – mit einer Sperrminorität von 25 % – kam es 1985 zur voll­ständigen Übernahme. Die Bonner Zementfabrik wurde nun ein Zweigwerk von Dyckerhoff, stellte jedoch bereits 1986 die Produktion aufgrund einer neuen Firmenstrategie sowie gestiegenen Umwelt-schutzauflagen ein. Ende 1987 wurde der Betrieb endgültig geschlossen. Damit endet das Kapitel der Zementgeschichte in Bonn nach 131 Jahren.

 

Die gesamte Liegenschaft wurde 1988 an eine bayerische Immobilien-gesellschaft verkauft.  Im selben Jahr begann der Abriss der Werksanlagen, der 1990 mit der Sprengung von zwei Silos und einem Turm weitestgehend abgeschlossen wurde. Schon früh waren von der Denkmalpflege Teile der Werksanlage als denk­malwert eingestuft worden. Im Jahr 1989 wurden folgende Objekte als Industriedenkmäler unter Denkmalschutz gestellt: Das Verwaltungs-gebäude, die Direktorenvilla, die Rohmühle und der Wasserturm.

 

 

Entwicklungspläne des Areals

 

Ab 1989 wollte das Bonner Technologieunternehmen Klöckner-Moeller seine Hauptverwaltung auf der südöstlichen Hälfte des vormaligen Zementwerk-geländes errichten. 1990 richteten die Stadt Bonn und Klöckner-Möller einen städtebaulichen Ideenwettbewerb für die Neubebauung des Geländes aus. Als Sieger ging das gemeinsame Konzept der Architekturbüros Ernst van Dorp und Gottfried Hansjakob hervor. Diese Planung sah bereits den Erhalt der denkmal-geschützten Überreste des Zementwerks sowie den Bau einer Rheinufer-promenade anstelle der Kaianlagen des ehemaligen Werks vor. In der nord-westlichen Hälfte des Gebiets sollten hauptstadtbedingte Bundeseinrichtungen, darunter Bundesministerien, entstehen.

Im März 1991 verwarf Klöckner-Möller seine Neubaupläne aufgrund einer neuen Firmenstrategie und wegen „Differenzen mit der Stadt“ über den Abriss der historischen Gebäude. Nach dem Beschluss zur Verlegung des Parlaments- und Regierungssitzes nach Berlin (1991) änderte sich die bisherige Zielsetzung für den Standort in Richtung einer gänzlich privaten Verwertungsstrategie.

 

Dennoch hielt die Stadt Bonn an ihrer Absicht fest, die Konversion des Geländes auf dem Wege der Entwicklungsmaßnahme zu steuern. Die Landesentwicklungsgesellschaft NRW als Entwicklungsträger begann mit Anstrengungen für den Grunderwerb. Die förmliche Einbeziehung des aus dem ehemaligen Zementwerk und angrenzenden Flächen bestehenden, etwa 15 Hektar großen Erweiterungsgebiets in die nunmehr so benannte „Entwicklungsmaßnahme Bundesviertel“ erfolgte durch eine Rechtsverordnung am 25. September 1993. Der Kaufvertrag mit dem Entwicklungsträger wurde Ende 1995 abgeschlossen.

 

 

Herstellung der Uferpromenade

 

Als erste Maßnahme wurde von 1998 bis 2000 die Rheinuferpromenade, welche bisher vom Werksgelände der Zementfabrik unterbrochen war, in diesem Bereich nach Plänen des Münchener Landschaftsarchitekten Gottfried Hansjakob aus Mitteln der Entwicklungsmaßnahme ergänzt und neu gestaltet. Die Rheinpromenade ist als breiter Rad- und Fußweg oberhalb der alten basaltverkleideten Werft- bzw. Kaimauer des ehemaligen Werks geführt. Seit 2015 befindet sich dort auch die Anlegebrücke für die Personenschifffahrt.

 

 

Entwicklung des Bonner Bogens

 

2002 wurde der Wettbewerb um die Neugestaltung des Areals südlich der heutigen Joseph-Schumpeter-Allee von der Stadt Bonn zusammen mit der Investorengruppe BonnVisio ausgelobt. Diesen Wettbewerb gewann das Architekturbüro Karl-Heinz Schommer. Ende desselben Jahres wurde der erste Spatenstich gesetzt. Die Bebauung des Geländes, das die Größe von 17 Fußballfeldern umfasst, wurde in fünf Abschnitten vorgesehen: Rheinwerk 1 umfasste die ersten drei Teilprojekte: Die Bau- und Sanierungsarbeiten rund um die denkmalgeschützte Direktorenvilla, die Instandsetzung und Umgestaltung der alten Rohmühle und der Neubau eines Grandhotels. In einem vierten und fünften Bauabschnitt sollten zwei weitere Bürokomplexe – Rheinwerk 2 und Rheinwerk 3 – errichtet werden.

 

Die einzelnen Teilprojekte und Gebäude wurden wie folgt fertiggestellt:

  • Alte Direktorenvilla (2004) und Bürogebäude Rheinwerk 1 (2005)

  • Rohmühle (2006)

  • Bürogebäude Rheinwerk 2 (2008)

  • Fünf-Sterne-Hotel Kameha Grand (2009)

  • Parkhaus Bonner Bogen (2011)

  • Haus der freien Berufe (2013)

  • Bürokomplex Rheinwerk 3 (2014)

 

Viele der Firmen, die sich am Bonner Bogen angesiedelt haben, gehören zur IT-, Beratungs- und Technologiebranche. Die Direktorenvilla wird von der Universität Bonn genutzt und in den weiteren Gebäudeteilen hat die Agfa HealthCare GmbH Ihren Hauptsitz. Im Rheinwerk 3 befindet sich die Beta Klinik mit einer Spezialklinik für Kopf- und Wirbelsäulenerkrankungen sowie Facharzt-Praxen mit mehr als 30 Spezialgebieten. Das 5-Sterne-Designhotel Kameha Grand Bonn, welches über 192 Zimmer, 62 Suiten und Platz für bis zu 2500 Veranstaltungsgäste verfügt, wurde mit dem international MIPIM-Award in Cannes ausgezeichnet.

 

Auf der dem Rhein abgewandte Seite, nördlich der Joseph-Schumpeter-Allee, wurde 2014 mit dem Bau eines weiteren Großprojekts begonnen, dem Rheinpalais. Die Fertigstellung des ersten Bauabschnittes wird 2019 erwartet.

 

In wenigen Jahren ist mit dem Bonner Bogen am Rheinufer in Ramersdorf ein neuer, hochwertiger Ortsteil entstanden.

 

 
Quellen:

  • Walter Buschmann: Bonner Zementfabrik. Rheinische Industriekultur e.V. 2004–2006

  • Schüller, C.: Die Alaunhütten auf der Ennert-Hardt, o.J. / Bonn 1997

  • Bonner Bergwerks- und Hütten-Verein bei Bonn / 1856-1906, Bonn 1906

  • Flieger, H.: Bonner Portland-Zementwerk AG. Ein Jahrhundert Bonner Zement 1856-1956 / Bonn 1956

  • Willi Hey: Oberkassel im Spiegel alter Ansichtskarten, Edition Lempertz, Bonn 2005, ISBN 3-933070-70-8, S. 46

  • Christian Holl: BonnVisio & Rohmühle Bonn. Die Neuen Architekturführer Nr. 86 / Stadtwandel Verlag, Berlin 2006, ISBN 3-937123-75-X

  • Archiv Dyckerhoff AG/Wiesbaden. Bestand Bonner Zementfabrik

  • Die Oberbürgermeisterin der Stadt Bonn (Hrsg.); Friedrich Busmann: Vom Parlaments- und Regierungsviertel zum Bundesviertel. Eine Bonner Entwicklungsmaßnahme 1974–2004. Bonn, Juni 2004

  • Denkmalliste der Stadt Bonn (Stand: 20.08.2018), S. 43, Nummer A 1559

  • Christian Holl: BonnVisio & Rohmühle Bonn. Die Neuen Architekturführer Nr. 86

  • General-Anzeiger Bonn, 22.03.1991 – Klöckner-Möller bleibt in Bonn und baut in der Weststadt

  • www.weltjournal.de, 02.04.2012 – Spatenstich für "Rheinwerk 3" am Bonner Bogen

  • General-Anzeiger Bonn, 08.05.2013 – Der Bauboom im Bonner Bogen hält an

  • General-Anzeiger Bonn, 22.02.2014 – "Rheinwerk 3" ist fertiggestellt

  • General Anzeiger Bonn, 24.08.2015 – Industriegeschichte im Bonner Bogen: Symbol des Wandels; Von der Zementfabrik zum Businesspark

  • Rundschau-Online, 14.01.2003: Baubeginn auf dem Gelände der ehemaligen Zementfabrik

  • Bürocampus Rheinwerk 1 in Bonn, BonnVisio

Zementwerk vom Rhein um 1900

Quelle: Rheinische Industriekultur e.V.

Lageplan 1870 Bonner Zementfabrik

Lageplan Zementfabrik von 1870

Quelle: Rheinische Industriekultur e.V.

Direktorenvilla der Zementfabrik 1906

Quelle: Rheinische Industriekultur e.V.

Ansicht von Nordosten (Standort heutiges Polizeipräsidium) kurz vor dem Rückbau im Jahr 1988; Foto: Oliver Krug

Luftbild Zementwerk-Areal Bonner Bogen 1956
Luftbild Zementwerk-Areal Bonner Bogen 1997

Das Areal von oben: 1956, 1997 und 2016

Quelle: Bundesstadt Bonn

Rohmuehle 1999 Rheinische Industriekultur

Zustand der historischen Rohmühle 1998 Quelle: Rheinische Industriekultur e.V.

Rohmühle_Bonner_Bogen_nach_Umbau_Bonnvis

Rohmühle nach dem Umbau 2006

Quelle: BonnVisio

Bonner-Bogen Übersichtskarte General Anzeiger

Übersichtsplan Bonner Bogen 2018

Quelle: General Anzeiger Bonn

Bonn Zementwerk Rheinpanorama 1900
Direktorenvilla der Zementfabrik 1906
Luftbild Zementfabrik von Südwesten um 1960

Luftbild von Südwesten, 1960er Jahre

Quelle: Rheinische Industriekultur e.V

Zementfabrik 1988 von Nordost kurz vor Abriss
Luftbild Zementwerk-Areal Bonner Bogen 2016
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